Schreiben in Spiegelschrift

Dieser Artikel stammt aus unserem Spendermagazin «das Gehirn». Unsere Zeitschrift «das Gehirn» erscheint viermal im Jahr und ist für Spenderinnen und Spender der Schweizerischen Hirnliga kostenlos. Lesen Sie weitere spannende Beiträge, indem Sie hier ein Probeexemplar bestellen.
 

Mühelos jeden beliebigen Text gleichzeitig in Spiegelschrift und normal schreiben können – ist das ein Fall für die Hirnforschung? Diese Frage hat uns ein Leser zukommen lassen. In unserer Rubrik «Leserinnen und Leser fragen, die Hirnliga antwortet» erklären wir, wieso diese Fähigkeit gar nicht so selten ist und wie man sie perfektionieren kann.

Herr M. hat uns für die Rubrik «Leserinnen und Leser fragen, die Hirnliga antwortet» die folgende Frage zukommen lassen:

Von einer Bekannten habe ich kürzlich erfahren, dass sie gleichzeitig den gleichen Text mit der rechten Hand in normaler Schrift und mit der linken Hand in Spiegelschrift schreiben kann. Sie hat es mir vorgezeigt und tatsächlich sind beide gleichzeitig geschriebenen Texte perfekt lesbar. Ich finde das absolut phänomenal. Sie vielleicht auch? Ich denke, dass sich die Hirnforschung dafür interessieren dürfte.

Lieber Herr M.,
das Schreiben in Spiegelschrift mit der linken Hand ist tatsächlich beeindruckend – aber es ist kein so seltenes Phänomen, wie Sie vermuten: Alle Menschen können es mit Übung und Konzentration schaffen.

Das liegt daran, dass unser Gehirn dafür optimiert ist, Bewegungen zu spiegeln: Beim Laufen, Schwimmen, Klatschen usw. machen unsere beiden Körperhälften symmetrisch dieselbe Bewegung. Dementsprechend ist das Gehirn aufgebaut: Es ist in zwei Hirnhälften unterteilt. Die linke Hirnhälfte steuert die rechte Körperhälfte und umgekehrt. Bei einer symmetrischen Bewegung werden in beiden Hirnhälften dieselben Areale aktiv – solche gespiegelten Bewegungen fallen uns dadurch besonders leicht.

Kleine, feinmotorische Bewegungen mit den Händen werden hingegen seltener mit beiden Seiten gleichzeitig gemacht, da bei den meisten Menschen eine Hand dominiert. Deswegen fällt das feine Schreiben in Spiegelschrift nicht auf Anhieb so leicht wie etwa das Klatschen. Am einfachsten gelingt es, wenn man sehr gross schreibt. Linkshänderinnen und Linkshänder, die auf die rechte Hand «umerzogen» wurden, beherrschen auch das feine Schreiben in Spiegelschrift oft schon ohne viel Übung besonders gut. Es gibt einen sehr bekannten Vertreter dieser Gruppe: Leonardo da Vinci! Er fand diese Fähigkeit selbst so toll, dass er eine Zeit lang ganz viele Texte in Spiegelschrift verfasst hat.

Auch heute sind Sie nach wie vor keineswegs der Einzige, den dieses Phänomen beeindruckt: Im Jahr 2005 hat es Eva Glock aus Schwäbisch Hall sogar damit in die Fernsehsendung «Wetten, dass» geschafft und über 14 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer mit genau dieser Fähigkeit fasziniert. Sicher lohnt es sich also, das Schreiben in Spiegelschrift zu perfektionieren, wenn es einem sowieso leichtfällt. Man verblüfft seine Mitmenschen – und ganz nebenbei ist es ein gutes Hirntraining.

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