Kreativität und Intelligenz

«Wie sind Sie auf diese geniale Idee gekommen?», werden Künstler oder Forscher oft gefragt. Einstein oder Hawking, Paul Klee oder Mozart, Joyce oder Goethe – wissenschaftliche Entdeckungen und künstlerische Werke wecken immer wieder staunende Bewunderung oder nagenden Neid. Worin könnte das Geheimnis dieser Eingebungen liegen? Führte eine ungewöhnliche Intelligenz zu diesen Leistungen? Oder waren es vielleicht besondere Lebensumstände?

Bis ins 20. Jahrhundert hielt sich das Vorurteil, dass kreative Menschen über eine seltene oder gar göttliche Gabe verfügen. Die moderne Wissenschaft hat diese Ansichten über Kreativität jedoch entzaubert. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Kreativitätsforschung ist: Kreativität lässt sich noch schwerer messen als die Intelligenz und muss keinesfalls mit dieser übereinstimmen. Auch Menschen mit Behinderungen, die in ihrer Intelligenz eingeschränkt sind, können kreativ sein.

Aus Sicht der heutigen Forschung benötigt Kreativität anregende Umweltbedingungen sowie intensive und ausdauernde Beschäftigung mit einem Gebiet. Es sollte daher auch möglich sein, Kreativität zu fördern – in Familie, Schule und Gesellschaft.

Wie müsste eine Umwelt aussehen, in der Kreativität aufblühen kann? Es müsste eine Umgebung sein, die dem Einzelnen Freiheit und Handlungsspielraum gewährt. Routine und rigide Vorschriften unterdrücken den Einfallsreichtum. In der Schule könnten Lehrer offene Unterrichtseinheiten einführen, um Raum für die Entwicklung eigener Fragen und Lösungswege zu schaffen. Auch die Eltern können viel zur Entwicklung der Kreativität ihrer Kinder beitragen. Sie sollten deren schöpferischen Drang nicht bremsen – auch wenn das manchmal anstrengend ist.

Wir sollten selbständiges Denken und Handeln unterstützen: Zur Kreativitätsförderung im Berufsleben gehört, die Mitarbeiter anzuregen, eigene Ideen oder auch Kritik zu äussern. Innovationen müssen belohnt werden.

Wir können Kreativität auch fördern, indem wir tolerant sind gegenüber Ungewöhnlichem. Wer keine Angst hat, äussert eher abweichende Ideen und geht neue Wege. Dies gilt sowohl für unsere Gesellschaft als Ganzes als auch für Schule und Familie.