Es lebe der Sport!
Sport ist Mord, sagt der Volksmund. Das Gegenteil ist der Fall: Bewegung macht fit und gesund, stärkt das Herz-Kreislauf-System und die Immunabwehr. Besonders Ausdauersport hat es in sich: Wenn sich die Herzfrequenz erhöht und wir ein wenig ausser Atem geraten, löst das im Körper einiges aus. Die Körpertemperatur steigt, Botenstoffe werden ausgeschüttet und im Körper verteilt. Krankes Gewebe heilt schneller, neue Zellen entstehen, Erbsubstanz wird repariert. Im Grunde beschleunigt Bewegung also Abbau- und Heilungsprozesse im Körper. Diese Vorgänge sind so komplex, dass Forschende sie bis heute nicht ganz verstehen. Doch die Hinweise mehren sich, dass Bewegung ein regelrechtes Wundermittel für ein langes, gesundes Leben sein könnte.
So soll sie Krankheiten auch nicht bloss vorbeugen, sondern gar heilen können. Wie das geht? Sport stärkt die Muskeln und beugt so Verspannungen und Kopfschmerzen vor. Durch die Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems sinkt das Risiko für erhöhten Blutdruck und Diabetes. Aber auch die Knochensubstanz profitiert von Bewegung, besonders von Krafttraining: Das Risiko von Brüchen und sogar Osteoporose wird vermindert. Neuere Studien sehen sogar einen Zusammenhang zwischen Sportlichkeit und gesenktem Krebsrisiko. Und bereits Erkrankte scheinen den Krebs besser bekämpfen zu können, wenn sie Sport treiben. Zudem steht fest, dass Bewegung Übergewicht entgegenwirkt – und damit einem grossen Risikofaktor für viele Krankheiten des modernen Menschen, darunter auch Hirnerkrankungen wie Demenz.
Mehr Bewegung, bitte!
Gesundheitsorganisationen warnen vermehrt, dass sich ältere Menschen zu wenig bewegen würden. Mehr Bewegung im Alter ist angesagt! Wichtig sind dabei gar nicht die Intensität und die Dauer, sondern die Regelmässigkeit der Aktivität. Die Iowa State University beobachtete über einen Zeitraum von 15 Jahren 55’000 Teilnehmer zwischen 18 und 100 Jahren und stellte fest: Schon fünf bis zehn Minuten Ausdauersport täglich verlängern das Leben um durchschnittlich drei Jahre. Personen, die regelmässig joggen, hatten in der Studie ein um 50% reduziertes Risiko, an Herz-Kreislauf-Störungen zu erkranken. Eine norwegische Studie, die 5'700 ältere Menschen untersuchte, übertraf diese Erkenntnisse noch: Drei Stunden körperlicher Aktivität pro Woche, so das Ergebnis, können das Leben um fünf Jahre verlängern – und das sogar bei einem Alter von über 70 Jahren.
Glücksgefühle und ein gutes Gedächtnis
Die Dosis macht das Gift: Das gilt bei jedem Medikament, aber auch beim Sport. Wer zu hart trainiert und ständig an seine Grenzen geht, schadet dem Herzen nachhaltig, statt es zu stärken. Masshalten ist angesagt, dann profitieren Körper und Gehirn von allen positiven Effekten, die Bewegung zu bieten hat. Denn körperliche Aktivität kann noch mehr: Sie macht glücklich. Was Sportlerinnen und Sportler nach dem Training oft beschreiben, konnte auch empirisch nachgewiesen werden: Bei Bewegung wird im Hirnstamm vermehrt das Belohnungshormon Dopamin produziert. Zugleich gerät mehr Tryptophan ins Gehirn, eine Vorstufe von Serotonin. Deshalb wird Sport gar mit Antidepressiva verglichen: Viele der Medikamente erhöhen ebenfalls den Serotoningehalt im Körper. Andere fördern, genau wie Sport, die Konzentration des Botenstoffs BDNF im Blut. Dieser gehört zu den Neurotrophinen, deren Aufgabe es ist, neue Nervenzellen im Gehirn und neue Verknüpfungen dazwischen zu bilden. Untersuchungen haben gezeigt, dass es depressiven Menschen öfters an BDNF mangelt. Wer andererseits viele Neurotrophine im Blut aufweist, hat oft auch einen grösseren Hippocampus. Dieser nimmt beim Lernen und Erinnern wichtige Funktionen wahr. Im Alter schrumpft er in der Regel langsam. Sport kann diese Entwicklung aufhalten oder sogar ins Gegenteil verkehren.
Dass wir bei an sich monotonen Tätigkeiten wie Joggen am besten abschalten können, ist ebenfalls kein Mythos: Die Aktivität im präfrontalen Kortex, dem Denkzentrum, sinkt, während die Gehirnareale für Körperwahrnehmung und Koordination aktiver werden. Das Gehirn wird besser durchblutet. Dadurch kommt mehr Sauerstoff ins Gehirn, wir fühlen uns wacher, haben mehr Energie und können uns besser konzentrieren. Das führt zu dem wunderbaren Gefühl, beim Sport den Kopf frei zu bekommen. Gleichzeitig sinkt der Pegel des Stresshormons Cortisol im Blut. Auch das kommt dem Gehirn zugute: Zu viel Cortisol schädigt das Erinnerungsvermögen und die Konzentration und kann langfristig sogar Gedächtniszellen vollständig zerstören. Offenbar erhöht Sport auch die Konzentration von Endorphinen im Blut – noch mehr Glückshormone also!
Eine weitere frohe Botschaft: Bewegung schützt nicht nur vor geistigem Abbau. Sie stärkt auch ganz bestimmte kognitive Fähigkeiten. Neben dem Gedächtnis profitieren die Aufmerksamkeit, die Konzentration und sogar Funktionen wie die Impulskontrolle und die Planungsfähigkeit. Ausserdem reagiert das Gehirn flexibler: Auch wer mit Sport erst im Alter beginnt, erhält damit einen Teil der jugendlichen Anpassungsfähigkeit des Gehirns zurück.